Wie es begann …

Oder: Katzenzucht? Niemals !!


Katzen züchten? Niemals !!! Noch im Herbst 1978 hätte ich diese Unterstellung mit Protest zurückgewiesen. Obwohl ich kein „Zocker" bin, hätte ich damals eine ziemliche Summe darauf gewettet, dass ich nie, nie, niemals so etwas tun würde!!

Schon zwei Monate später hatte ich eine Silbertabby-Katze, war Mitglied eines Katzenzuchtvereins und hatte einen Zwingernamen beantragt. Woher dieser Sinneswandel kam? Zurückblickend kann ich heute nur schmunzeln: Es war eine Verkettung vieler Umstände, Zufälle, eine gewisse Portion Neugier war wohl auch im Spiel. Und: Hauptgrund war die Überzeugungskraft einer Blau-Züchterin, die damals eine „IG Europäisch Kurzhaar" leitete (jawohl, so hießen die damals noch) und versuchte, die Palette der in Deutschland vertretenen Varietäten zu erweitern. Unter anderem, in dem sie weitere Silbertabby-Kitten aus England importierte.

Felix und der Zufall

Der erste Zufall war die Erkrankung meines Kollegen. Jenes Kollegen, der freitags immer unseren Redaktions-Tippschein abgab. Das fiel nun mir zu. Als ich in dem engen Zeitschriftenladen stand und wartete, bemerkte ich neben mir einen Mann, der in einer Katzenzeitung blätterte. Plötzlich sah ich dort ein Katzengesicht in Großaufnahme. Ich war wie elektrisiert: Das war Felix!! Ich kaufte mir die Zeitschrift, - es war „Katzen-Extra" - und fuhr nach Hause.

Wer Felix war? Eigentlich nur ein „Bauernkater", der aber einen silver-shaded Perser-Vater hatte, wie sich später herausstellte. Auf dem Reiterhof, auf dem meine Pferde standen, wünschte man sich Nachwuchs zur Verstärkung der Mäusefängerbrigade. Ich brachte also zwei junge Kater von dem Bauernhof mit, auf dem ich immer Eier kaufte. Dort gab es die übliche Mischung: viele braune mit Muster, schwarz-weiße, eine dreifarbige und - zwei hellgraue. Diese Farbe hatte ich noch nie gesehen. Einer der Hellgrauen flüchtete, der andere blieb sitzen und ließ sich hochnehmen. Für mich stand fest: Der geht mit, außerdem wählte ich noch einen schwarz-weißen aus.

Der hellgraue Kater erhielt den Namen „Felix". Er avancierte zum erklärten Liebling aller auf dem Reiterhof. Felix hatte einen Charakter, wie man ihn nicht von den üblichen Stallkatzen kannte. Die waren wild aufgewachsen, strichen einem Menschen vielleicht mal um die Beine, ließen sich aber nicht anfassen. Felix liebte es, getragen und gestreichelt zu werden. Er ließ sich von der vierjährigen Tochter der Reiterhofbesitzer im Puppenwagen spazieren fahren, saß abends während wir ritten in der Reithalle auf der Bande und ging danach mit in die Sattelkammer, wo wir unseren Durst löschten. Und das Gesicht dieses Katers blickte mich aus der Zeitschrift an, -- dachte ich.

Einzigartig ?

Ich las den Artikel. Die IG-Vorsitzende schrieb, nun gebe es auch die ersten Silbertabbys in Deutschland. Ein Züchter aus Süddeutschland habe ein Zuchtpaar aus USA importiert. Meine Reiterkameraden, die in dem Foto auch Felix „erkannten" (welcher Laie sieht schon die feinen Unterschiede?), fanden die Beanspruchung der „Einmaligkeit" ebenso anmaßend wie ich. Ich fotografierte unseren Felix und schickte das Bild mit entsprechendem Kommentar („sind gar nicht so selten, hier läuft einer frei herum") an die Verfasserin des Artikels, die zwecks Kontaktaufnahme ihre Adresse angegeben hatte. Ich zählte alle Besonderheiten unserer Rarität auf und erwähnte besonders seine intensiv türkisfarbenen Augen. Die sahen ganz anders aus als die üblichen grünen Augen der Stallkatzen. Und siehe da: Die Adressatin antwortete sogar. Sie warf unseren Brief nicht gleich als Anmaßung in den Papierkorb, nein, sie hatte Fragen über Fragen. Die Erwähnung der grünen Augen hatte sie elektrisiert. Die damals importierten Silbertabbys, zumeist aus England, hatten gelbe Augen, die US-Tabbys gelb-grüne. Der FIFE-Standard verlangte aber grüne Augen.

Es entwickelte sich ein reger Briefkontakt zwischen der IG-Vorsitzenden und mir. Sie schickte einen Standard. Abends in der Sattelkammer setzten wir Felix auf den Tisch und kontrollierten. Wir suchten und fanden alle Streifen, die der Standard verlangte. Was wussten wir schon über Kontrast, ein korrektes Austernmuster, Schwanzringe oder Halsketten. Wir sahen auch nicht die großen, viel zu hoch stehenden Ohren unseres „Champions", seinen Pinch, und die Spur von Rufismus. Meine euphorische Erfolgsmeldung - „Alles wie im Standard" - veranlasste meine Briefpartnerin zu beschwörenden Worten: Wir müssten den Kater unbedingt richten lassen, um über die Novizenklasse eine Deckerlaubnis zu bekommen. Er müsse dann eine mustermäßig durchgezüchtete Katze decken, um so wieder Silbertabbys mit grünen Augen zu bekommen.

Aufsteigen in den Olymp

Dieses Ansinnen erschien uns Pferdeleuten unglaublich! Vertraut mit dem strengen Reglement in der Pferdezucht, wo nicht mal Pferde aus anderen deutschen Zuchtgebieten zugelassen waren für die westfälische oder hannoversche Pferdezucht, sollte nun unser Felix aufsteigen in den Olymp der Katzenzucht?? Unsere Hochachtung vor Felix stieg ins Unermessliche. Noch immer ein wenig skeptisch zögerte ich mit dem Kauf eines Silbertabby-Mädchens. Doch das „Wunder" geschah: Nicht auf einer Ausstellung, sondern bei einem Richtertreffen in Essen erhielt Felix seine beiden „Vorzüglich" und später eine Eintragungskarte, mit seinem Namen. Wir hatten ihn „Felix Silverking" getauft. Können Sie sich vorstellen, wie viel Bier und Korn bei dieser „Taufe" geflossen sind?

Im November 1978 traf „Fantasia" ein, die Silbertabby-Braut aus England. Sie sollte in meiner Wohnung aufwachsen. Im Sommer dann, wenn alle Stuten auf der Weide waren, wollten wir unseren ersten Katzenwurf im Pferdestall haben. So unsere Planung, die erkennen lässt, wie wenig Ahnung wir von der wirklichen Katzenzucht hatten.

Feuchte Botschaften

Im Frühjahr bekam ich mein Haus. „Felix" siedelte über zu mir. Er hatte zwar den ganzen Dachboden, einen Raum unten im Haus und ein Außengehege für sich und seinen Freund, einen Kastraten, zur Verfügung. Aber Felix war die ganz große Freiheit gewohnt. Er übermittelte reichlich „feuchte Botschaften" und versuchte mich zu überzeugen, dass dieses nicht seine Vorstellung von einem Katerleben war. Er tat mir leid, aber „höhere Ziele", die wichtigen grünen Augen für die Silbertabbys, schienen mir ein Grund für eine vorübergehende Gefangenschaft zu sein. Täglich versprach ich ihm, sobald es grünäugige Kinder von ihm gebe, könne er zu seinem freien Leben zurückkehren. Dieses Versprechen habe ich gehalten. Nach zwei Jahren in Zucht-Gefangenschaft habe ich Felix auf „seinen" Bauernhof zurückgebracht, wo er noch viele Jahre lang die große Freiheit genießen konnte.

Inzwischen hatte ich Bücher gelesen, um etwas mehr über die Katzenzucht zu lernen. Doch die Sache mit der „Katzen-Hochzeit" war darin nicht genau beschrieben worden. Immerhin erkannte ich die Frühlingsgefühle, die „Fantasia" entwickelte. Also setzte ich sie in mein Badezimmer und holte „Felix" dazu. Ich setzte mich auf den Rand der Badewanne und wartete. Nichts geschah! Felix untersuchte den Raum und parfümierte ihn nach seinen Vorstellungen. Aber das jaulende Etwas auf dem Boden interessierte ihn nicht. Ich brachte ihn zurück und versuchte es am nächsten Tag erneut, mit dem gleichen Ergebnis. Mein Bad stank wie ein Pumakäfig, aber an Fortpflanzung dachte Felix nicht im Geringsten.

Die Sache mit der Hochzeit

Die nächste Rolligkeit, die gleiche Dame, das gleiche Problem: Felix parfümierte die „Hochzeits-Suite" ausgiebig, aber an den Vollzug der Ehe dachte er nicht. Zurückblickend frage ich mich, warum in all den schlauen Büchern, denen ich Wissen zu entnehmen versuchte, niemand geschrieben hat, dass so eine „Hochzeitsnacht" mehrere Tage dauern sollte? Und dass das Liebespaar Zuschauer nicht unbedingt wünschte? Mein züchterisches Wissen bezog sich mehr auf die Vorgänge in der Landwirtschaft: Die Stute wurde zum Hengst gebracht, der unverzüglich zur Tat schritt. Auch Bullen, Eber oder auch Rüden zögerten nicht lange, ihre Spermien und Gene umgehend weiterzugeben. Nur mein Felix streikte weiter.

Als auch der dritte Versuch der Multiplizierung meiner Silbertabbys kläglich scheiterte, stand für mich fest: Felix war impotent. Aus welchem Grund auch immer: Er wollte seine Gene und seine grünen Augen für sich behalten!

Was tun? Der ganze Aufwand „für die Katz"? Auf halber Strecke aufzugeben war noch nie mein Ding. Eine erfahrene Katze musste Felix überzeugen, ihn „verführen", so wie man es auch bei jungen, schüchternen Hengsten machte. Freunde von mir hatten eine braungestromte Hauskatze, die durchgeimpft und entwurmt war, und schon zweimal Jungtiere bekommen hatte, also „erfahren" war. Ich schilderte den Freunden mein Problem. Sie waren bereit, mir „Daisy" zwecks Nachhilfeunterricht zu leihen. So zog „Daisy" bei uns ein. Sie lebte zusammen mit Felix, rannte und spielte mit ihm auf dem Dachboden, lag mit Vergnügen auch draußen im Gras des Außengeheges. Sie vertrugen sich gut, fraßen sogar aus dem gleichen Napf. Aber wann immer ich meinen Beobachtungsposten bezog, sah ich nicht das, auf das ich wartete.

Nach sechs Wochen brachte ich „Daisy" zurück. Resignierend akzeptierte ich, dass Felix sich als ungeeignet für die Zucht erwiesen hatte. Doch was nun? Ich hatte eine Katze, die regelmäßig rollte, einen Zwingernamen nebst anderer Zuchtlogistik. Ich wandte mich an den Besitzer des damals einzigen Silbertabby-Katers in Deutschland. Er war bereit, meine liebeskranke „Fantasia" als Braut für seinen Ami-Kater zu akzeptieren. An einem Wochenende brachte ich sie hin ans „Ende der Welt" und übernachtete dort, da ich mir die achtstündige Rückfahrt nicht am gleichen Tage zumuten wollte. Am nächsten Wochenende stand die gleiche Reise an, um „Fantasia" abzuholen.

Sonntags trafen wir erschöpft zu Hause ein. Am Dienstag kam der Anruf meiner Freunde: „Unsere Daisy hat Junge. Sie sehen alle aus wie Felix", so ihre frohe Botschaft. Sie hatten Ähnlichkeit mit Tabbys, - würde ich aus heutiger Sicht sagen. Es waren graue Fellmäuse mit irgendwelchen Streifen. Aber sie mussten von meinem impotenten Kater abstammen, denn Daisy war zur Zeit der Empfängnis nur mit Felix zusammen.

Fantasia brachte von dem Internationalen Champion aus USA einen Brauntabby-Kater, der als Liebhabertier abgegeben wurde.

Felix deckte später dann doch noch die für ihn vorgesehene Braut. Ich behielt mir aus dem ersten Wurf ein Mädchen. Das Muster war so - na ja! Heute weiß ich es besser und würde solche Experimente nicht mehr machen. Aber die Augenfarbe des Mädchens war tiefgrün. Das erste Zuchtziel war erreicht. Ich holte mir dann von Ad de Bruijn aus Holland einen durchgezüchteten Tabby-Kater, „Cloris de Broeckloni", mit dem die eigentliche Tabby-Zucht dann begann.

Jetzt erst Recht !

Vielleicht hätte ich schon bald die Katzenzucht wieder beendet. Schließlich war das Ziel - Silbertabbys mit grünen Augen - erreicht. Doch dann gab es kleinen Zwischenfall auf einer Ausstellung in Holland, der mich motivierte, weiter zu machen. Meine Katze „Cleo" war mit V 2 bewertet worden. Zu Recht. Die V1- Katze war schöner. Doch dann lächelte mich deren Besitzerin mitleidig an und meinte: „Die holländischen Silbertabbys sind eben schöner."
Sie hatte Recht. Holländische Tabbys waren damals schöner. Doch in mir war der Ehrgeiz geweckt. Ich würde es diesen Leuten zeigen. Irgendwann, gleich wie lange es dauerte, würde ich wiederkommen mit Tabbys, die schöner waren als die holländischen. Es hat einige Jahre gedauert. Aber ohne die mitleidige Bemerkung der Frau hätte ich vielleicht gar nicht den Ehrgeiz verspürt, den langen dornenreich Weg der Umzüchtung zu gehen.
Felix wurde noch ein zweites Mal Vater. Dann brachte ich ihn zurück auf „seinen" Bauernhof, wo er noch sehr alt wurde. Bis ins hohe Alter wurde er wegen seines liebenswürdigen Charakters geliebt, wegen seiner Karriere vom Stall- zum Zuchtkater verehrt, und von allen Reiterkameraden gehätschelt.

Ein dornenreicher Weg

Wie es weiterging mit meiner Silbertabbyzucht? Nun ja, bei den nächsten Deckungen berücksichtigte ich den Wunsch meiner Akteure nach Privatsphäre. Meine „Cleo" bekam einen Wurf von „Dombo de Broeckloni", der mich gleich auf zukünftige „Fallstricke" einstimmte. Es gab zwei Brauntabbys, einen silbernen Kater, der recht hell war, aber auch ein Mädchen mit einem wunderschönen schwarzen Muster. Die sollte bleiben, beschloss ich. Doch dann bekam sie langes Fell. Schon damals lernte ich, dass beim Beschreiten neuer Wege Überraschungen eingeplant werden müssen.

Ich behielt also den hellen Kater, der „Galoubet" genannt wurde. Doch was nun? Ich hatte seine Mutter und Oma, aber eine Rückkreuzung kam nicht in Frage. Geprägt durch die Denkweise in der Pferdezucht, in der Inzucht verpönt ist, stand schon damals eine solche Rückkreuzung nicht zur Debatte. Ich wandte mich an Ad de Bruijn. Von ihm bekam ich den getupften „Cloris de Broeckloni", der aus einer englischen Mutter stammte, aber von seinem aus amerikanischen Linien stammenden Vater dessen hellgrüne Augenfarbe geerbt hatte. Die grünen Augen waren mir sehr wichtig, da sie ja schließlich die Initialzündung für den Einstieg in die Katzenzucht waren, - siehe oben. Die grünen Augen blieben auch auf meinem weiteren Zuchtweg immer ein wichtiges Element.

Problem: Gelbe Augenfarbe

Von Ad bekam ich außerdem ein Mädchen, „Pantsy de Broeckloni". Pantsy hatte eine sehr dunkle Zeichnung. Mit ihr begann die Zucht eigentlich erst richtig. Pantsy bekam von Galoubet drei Würfe. Sie glich den „Shaded-Faktor" (so nannte ich für mich immer den Wide-Band-Faktor bei Silbernen) von Galoubet aus. Ich behielt mir eines der Mädchen, zwei weitere gingen an Züchter. Die Silbertabby-Zucht in Deutschland erlebte damals nach erster Aufbau-Euphorie bereits eine Krise: Für die aus England importierten Mädchen gab es keine passenden Kater. Eine Züchterin hatte sich aus England auch einen Kater mitgebracht. Doch sie waren alle gelbäugig, und der FIFE-Standard verlangte grüne Augen. Erst viel später wurde in manchen Vereinen Gelbäugigkeit zugelassen.

Die Folge war Inzucht. Auf der Suche nach grünäugigen Katern in Holland (mit US-Hintergrund) benutzten deutsche Silbertabby-Züchter immer wieder gleiche Linien. Um jedoch von den gelben Augen der Engländer wegzukommen, reichte das helle „Grün" (manchmal war es auch nur ein grüner Ring) der Holländer, zumeist aus Kombinationen von England x USA, nicht aus. Also gab es Rückkreuzungen, hellgrün x hellgrün gab zumindest nicht die quittengelbe Augenfarbe. Jeder versuchte natürlich, „ausstellungsfähige" Silbertabbys zu produzieren. Ein Resultat dieser Inzucht: Die Silbertabbys wurden immer kleiner. „Normal" waren Mädchen, die ausgewachsen zwei bis zweieinhalb Kilogramm wogen, Kater von dreieinhalb bis vier Kilogramm Gewicht galten schon fast als „Riesen". Einen Vergleich mit den Blauen, die man schon damals als Prototypen des Briten (vormals EKH) betrachten konnte, hielten die Silbertabbys nicht stand. Der „Zwergenwuchs" verfestigte sich durch die Inzucht und war nur sehr schwer zu korrigieren.

Ein weiteres Handicap: Silbertabbys hatten einen schwierigen Charakter, was durch die Inzucht nicht besser wurde. Deshalb wurden sie auf Ausstellungen zwar bewundert, aber im eigenen Wohnzimmer wollte kaum jemand eine solche Furie haben.

In Gesprächen mit anderen Züchtern auf Ausstellungen wurde die Frage nach einer grundsätzlichen Verbesserung schnell abgetan: Wie denn? Es gibt doch nichts? Silbertabbys sind eben so. Selbst Amerika, bei anderen Rassen immer der Geheimtipp, konnte nicht helfen. Die Silbertabbys der Rasse American Shorthair hatten zwar ein schönes Muster und grüne Augen, waren aber sehr zierlich und schmal, - sie entsprachen eben einem anderen Standard.

Über Quantität zur Qualität

Ich versuchte, durch Einkreuzung meines Silver-Shaded-Katers „Peerless Silver Monarch" und Benutzung eines aus der Exotic-Zucht gekauften Katers, Pahlewi's Exoti Chip", in punkto Größe etwas zu verbessern. Pantsy's dunkles Muster konnte einiges abfangen, aber die Kitten aus diesen Verpaarungen waren schon deutlich heller als erwünscht. Mit dem „Verhalten" von Agouti damals noch nicht vertraut, versuchte ich es laienhaft mit dunklem „Gegengewicht". Bei Liebhabern im Rheinland hatte ein aus meiner Zucht stammender Silbertabby-Kater eine Blaue gedeckt. Es fiel ein dunkler Smoke-Kater mit viel Muster, mackerel, natürlich gelbäugig. Doch ich glaubte, dessen dunkles Pigment könnte das zu helle Muster eines Mädchens aus der Verpaarung mit Silber-Shaded wieder nachdunkeln. Pustekuchen! Der richtige Partner für dieses zu helle Mädchen wäre mein heutiger „Rodrigo" gewesen, der eine sehr dunkle Zeichnung hat, aber auch den nötigen Kontrast zur silbernen Grundfarbe. Alles zu dunkel (smoke) mal alles zu hell (von Silver-Shaded) bringt kein gutes Muster. Das lernte ich damals auf sehr drastische Weise. Mit einem Wischi-waschi-Mädchen aus dieser Verpaarung, sagen wir mal eine sehr „smokige Tabby", die natürlich auch noch gelbe Augen hatte, machte ich weiter. Das einzig Positive dieses Experimentes war: Meine smokige „Bijou" war schon etwas größer als frühere reingezogene Silbertabby-Mädchen. Und: Ich hatte gelernt, dass dieses nicht der richtige Weg war!

Harte Lehrjahre

Meine „Lehrzeit" ging weiter. Ich versuchte, mir mehr Wissen über die Genetik der Silberlinge anzueignen in Gesprächen mit dem holländischen Perserzüchter Harry Alstedde. Er kannte sich mit den silbernen Langhaarlinien in Europa gut aus. Denn ich hatte überlegt, - mein Zuchtziel grüne Augen noch immer im Kopf - den Umzüchtungsprozess über Perser fortzusetzen. Und da kamen besonders die über Generationen grünäugig gezüchteten Silver-Shadeds in Frage. Harry Alstedde nannte mir ein paar seiner Meinung nach geeignete Linien. Weitere Ratschläge und Empfehlungen bekam ich von Dr. Sylvia Damm, damals Obfrau des Zuchtausschusses des 1. DEKZV und selbst Züchterin von silbernen Persern. In Gesprächen mit Langhaar-Züchtern auf Ausstellungen hatte ich so einige Horror-Storys über „importierte" genetische Defekte gehört. Ich hatte eine panische Angst, mir durch Benutzung von Persern so etwas einzuhandeln. Dank der Ratschläge von Harry Alstedde und Sylvia Damm fand ich dann aber seriöse Züchter mit gesunden Katern. Die Katerbesitzer waren auch nicht beleidigt, als ich darum bat, die Kater - auf meine Kosten natürlich - frisch zu testen. Meine Pantsy, mit der ich mich in dieses Umzüchtungsabenteuer stürzte, wurde ebenfalls vor jeder neuen Bedeckung frisch getestet. So gab es drei Würfe von Perser-Katern, die jeweils verschiedene Linien repräsentierten.

Das verflixte Mackerel

Die Kitten waren hell, wie zu erwarten. Auch das Muster litt. Shadeds sollen möglichst kein oder wenig Muster haben, werden selektiert auf Tupfen und/oder Streifen, weil sich das später auflöst. Stromung (oft auch als Classic-Tabby bezeichnet) würde bei einer Silver-Shaded-Katze später noch als unregelmäßiges Tipping sichtbar sein. Das gleiche berichteten mir später Kartäuser-Züchter. Meine bedeutendste Erkenntnis aus jenen Zuchtjahren: Tiere, die über einige Generationen auf Tupfen und/oder Tigerung selektiert wurden, vererben keine Stromung mehr, selbst wenn unter den Vorfahren dieses Muster noch mal vertreten war. Diese Erkenntnis bzw. Tatsache erschwerte später auch den Aufbau von Goldentabby-Linien beträchtlich.

Ich hatte in der F1-Generation lauter helle Kitten, die man weder als helle Tabbys noch als Shadeds mit Geistermuster einordnen konnte. Sie waren - Gurken! Dieser für manche der zart besaiteten Katzenmenschen hart klingende Begriff stammt aus meiner Pferde-Vergangenheit. Pferde, die für den Sport nicht gut genug waren, taugten halt nur, um mit ihnen „in der Landschaft herumzugurken". Was keine Diskriminierung der Freizeitreiter bedeuten sollte!

Ich überlegte gut, mit welchen der „Gurken" ich weitermachen wollte. Aus jeder der Outcross-Verpaarungen behielt ich ein Jungtier, einmal gelang es mir auch, ein Kitten bei Liebhabern unterzubringen, die sich bereit erklärten, später dann für mich einen Wurf zu machen. Sie mussten die rollige Katze nur bringen zu einem meiner Kater. Einmal gab ich einer Interessentin, die verkehrsmäßig nicht mobil war, auch ein Zuchtpaar mit und vereinbarte als Bezahlung zwei Jungtiere retour. Ich unterstützte sie alle mit Rat und Tat, gab ihnen die bei mir erprobten, die Geburt erleichternden homöopathischen Mittel, besichtigte dann den Wurf, beantragte Stammbäume, half bei der Vermittlung der Jungtiere und bekam für die Erstattung all der Kosten, inclusive des eigentlichen Kaufpreises für das Muttertier ein Jungtier meiner Wahl. Das Geld aus dem Kittenverkauf ging an die „Züchter", als kleiner Lohn für ihre Arbeit.

Liebhaber halfen mit

Glücklicherweise fand ich einige Male Liebhaber, die sich auf dieses Abenteuer einließen. Sie alle fanden es aufregend und schön, das Aufwachsen der Kätzchen zu erleben. Einige von ihnen hatten so viel Freude daran, dass sie dabeiblieben. Wie zum Beispiel Karin Eden. Sie wollte eigentlich nur ein Liebhabertier haben. So ein Silbertabby, wie ich es auf einer Ausstellung gezeigt hatte. Ich hatte damals keine Jungtiere und bot ihr nach ihren wiederholten Anrufen an, sie könne eine halbwüchsige Katze haben, müsse sich aber verpflichten, einen Wurf mit ihr zu machen, damit ich ein Jungtier zur Weiterzucht bekäme. Edens besuchten mich, wir besprachen die Einzelheiten, die dann schriftlich fixiert wurden, und „Roxie" zog um nach Dinslaken. Aus dem ersten Wurf von meinem „Berty" bekam ich wie verabredet ein Jungtier.

Doch Edens stellten fest, dass ihr Haus nach Abgabe der Kitten zu ruhig war. Es fehlte etwas. Sie fragten, ob sie noch einmal einen Wurf machen dürften. Ich hatte nichts dagegen. Die Kitten des zweiten Wurfes waren noch besser als im ersten. Dieses Mal behielten Edens sich ein Mädchen. Es gab noch eine dritte Auflage dieser Erfolgskombination Roxie mit Berty. Das Ergebnis: nur Kater. Allerdings einen, der für damalige Verhältnisse eine Sensation war: Coronico gewann nicht nur alle Herzen durch seinen bezaubernden Charakter - jawohl, die Silbertabbys waren inzwischen durch die ruhigen Perser-Vorfahren sehr viel menschenfreundlicher geworden - nein, der Kater war der umjubelte Star auf einer riesengroßen Ausstellung in Holland, als er im Alter von nur 5 Monaten bei einer Tabby-Sondershow, an der alle gemusterten Rassen teilnahmen, Best of Best wurde.

Silbertabby-Bazillus

Karin und Lothar Eden waren inzwischen vom „Silbertabby-Bazillus" befallen und züchteten weiter. Es entwickelte sich ein „freundschaftliches Dreieck", zu dem neben Edens und mir auch Ad de Bruijn gehörte. Gemeinsam wurden Zuchtpläne geschmiedet, und wir tauschten Jungtiere aus.

Der Whiskas-Boom weckte das Interesse vieler neuer Züchter. Mein lang gehegter Traum von einer großen Züchterschar und einer dauerhaften Verbesserung und Stabilisierung der Silbertabby-Zucht schien in Erfüllung zu geben. Leider musste ich im Laufe der Jahre erkennen, dass es viele neue Züchter gab, aber nur wenige bereit waren, an die Zukunft der Silbertabbys zu denken. Ich hatte in all den Jahren der Konsolidierung der Silbertabby-Zucht immer auch wieder durch Experimente, Outcross-Verpaarungen, neues Blut hereingeholt. Zu solchen „Umwegen" waren leider nur sehr wenige Züchter bereit. Ich hatte gehofft, bei einer zunehmenden Anzahl von Züchtern würde sich die „Arbeit" für die Zukunft auf mehreren Schultern verteilen. Und ich müsste nicht weiterhin eine so große Zahl von „Zwischenstationen" für die Silbertabby-Zucht halten. Aber alle Interessenten, die mich wegen eines Jungtieres anriefen, wollten immer die perfekte, „fertige" Katze. Irgendwann schrieb ich mir den Unmut über diese Bequemlichkeit von Züchtern von der Seele, kritisierte die „Wohnzimmerzüchter" und ihr Phlegma in einem Artikel, was zu einem Massenangriff auf mich „Großzüchter" führte.

Ich bin heute noch den Liebhabern dankbar, die sich von mir „einspannen" ließen in die Zucht. Zu den meisten von ihnen habe ich heute noch Kontakt. Sie betonen, dass es Spaß gemacht hat, mal kleine Kätzchen großzuziehen. Und da es für sie finanziell gesehen nicht zum Nachteil war, fühlten sie sich wohl auch nicht ausgenutzt. Aus meiner Sicht gesehen war es für die Katze, die eine „Zwischenstation" war auf dem Weg zur Verbesserung, auch die beste Lösung. Sie war von Anfang an in ihrer Familie und blieb nach dem Wurf dort auch als Kastratin. Ohne die Unterstützung all dieser „Liebhaber-Züchter" hätte ich das Programm, das nach der Verbesserung der Silbertabby-Zucht gleich einmündete in den Aufbau einer Golden-Zucht, sicher nicht durchführen können.

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